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Das Pfeilgift

Ein Lehrer erzählt seinen SchülerInnen:

Es begab sich dass eines Tages ein Mann von einem Pfeil getroffen wurde. Da der Pfeil vergiftet war, schleppte sich der getroffene Mann zu einem Arzt, von dem er wusste dass dieser kundig in den Heilkünsten und ein guter Mann war, kurz: ein Arzt dem er vertraute.

Der Arzt nahm seine Instrumente und wollte gerade ansetzen, die vergiftete Pfeilspitze aus der Wunde zu ziehen, als der Verletzte anhob:

Ach, erklär mir doch: "Wieso hat jener mich angeschossen? Welcher Art ist der Pfeil? Wer hat ihn wohl gefertigt? Wie kommt es denkst du dass der Mann gelernt hat Pfeile zu schiessen? Welches Geschick hat gestattet dass ich in jenem Moment an dem unglückseligen Ort war, so dass der Pfeil mich auch treffen konnte? Wie wirkt das Gift? Hast du auch schon andere behandelt die genau jenes Gift in ihrer Wunde hatten? Wie konnte das alles geschehen? Was hat den Mann zu dem Mann gemacht der auf mich zielen konnte? Warum geschah dies mir? ..."

Ob der Arzt die Antwort auf jene Fragen kennt oder nicht wissen wir nicht (ich halte es für unwahrscheinlich). Sicher ist, dass ihre Beantwortung den Verletzten das Leben kosten würde, da das Gift ja in ihm war ...

nacherzählt aus: "Mein Weg zum Erwachen", Gotama Buddha, Benzinger

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Angst vor tausend Dingen

"Man hatte vor tausend Dingen Angst,
vor Schmerzen, vor Richtern, vor dem eigenen Herzen,
man hatte Angst vor dem Schlaf, Angst vor dem Erwachen, vor dem Alleinsein,
vor der Kälte, vor dem Wahnsinn, vor dem Tode
- namentlich vor ihm, vor dem Tode.

Aber all das waren nur Masken und Verkleidungen.
In Wirklichkeit gab es nur eines, vor dem man Angst hatte:
das Sich fallen Lassen, den Schritt in das Ungewisse hinaus,
den kleinen Schritt hinweg über all die Versicherungen, die es gab.

Und wer sich einmal, ein einziges Mal, hingegeben hatte,
wer einmal das große Vertrauen geübt
und sich dem Schicksal anvertraut hatte,
der war befreit."

aus: "Klein und Wagner. Novelle" von Hermann Hesse

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What I want to know

It doesn't interest me what you do for a living.
I want to know what you ache for
and if you dare to dream of meeting your hearts desire.

It doesn't interest me how old you are.
I want to know if you will risk looking like a fool
for love,
for your dream
for the adventure of being alive.

It doesn't interest me what planets are squaring your moon.
I want to know if you have touched the center of your own sorrow,
if you have been opened by life's betrayals;
or if you have become shriveled and closed from fear of further pain.
I want to know if you can sit with pain - mine or your own,
without moving to hide it or fade it or fix it.
I want to know if you can be with joy, - mine or your own;
if you can dance with wildness and let the ecstasy fill to the tips of your fingers and toes
without cautioning us to be careful, realistic, or to remember the limitations of being human.

It doesn't interest me if the story you are telling me is true.
I want to know if you can disappoint another to be true to yourself;
if you can bear the accusation of betrayal, and not betray your own soul.
If you can be faithless
and therefore trustworthy.

I want to know if you can see Beauty
even when it is not pretty every day.
And if you can source your own life from its presence.
I want to know if you can live with failure
yours and mine
and still stand on the edge of the lake
and shout to the silver of the full moon: "Yes."

It doesn't interest me
to know where you live or how much money you have.
I want to know if you can get up after a night of grief and despair
weary and bruised to the bone
and do what needs to be done to feed the children.

It doesn't interest me who you know or how you came to be here.
I want to know if you will stand in the center of the fire with me and not shrink back.

It doesn't interest me where, or what, or with whom you have studied.
I want to know what sustains you from within when all else falls away.
I want to know if you can be alone with yourself;
and if you truly like the company you keep in the empty moments.

aus dem Band "Invitation", Harper SanFrancisco, by Oriah Mountain Dreamer

Note of clarification by the above author regarding this prose:

"While I am pleased that this piece, The Invitation, has spoken to many others and happy that it is being shared, I would ask that you honour the original by sharing it as it was written. I am a teacher and writer living in Toronto with my two teenage sons. While my family history includes stories of Scottish, German and Native American descent I am a Canadian woman, and not an Indian elder as has sometimes been reported, being neither old enough nor wise enough to claim the status of elder for any people. I have had the priviledge of studying with and learning from the wisdom of Native American elders who gave me the medicine name, Mountain Dreamer. My first book, Confessions of a Spiritual Thrillseeker, is currently out of print. I am now working on a book entitled The Invitation, expanding on the thoughts and teachings held within this smaller piece. Dreams of Desire is a small collection of poetry available only through Mountain Dreaming."
Oriah Mountain Dreamer

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Wenn ich mein Leben noch einmal leben könnte

Wenn ich mein Leben noch einmal leben könnte
im nächsten Leben würde ich versuchen mehr Fehler zu machen.

Ich würde nicht so perfekt sein wollen
ich würde mich mehr entspannen.
Ich wäre ein bisschen verrückter als ich gewesen bin
ich würde viel weniger Dinge so ernst nehmen.
Ich würde nicht so gesund leben.
Ich würde mehr riskieren
würde mehr reisen
Sonnenuntergänge betrachten
mehr bergsteigen
mehr in Flüssen schwimmen.

Ich war einer dieser klugen Menschen
die jede Minute ihres Lebens fruchtbar verbrachten.
Freilich hatte ich auch Momente der Freude.
Aber wenn ich noch einmal anfangen könnte
würde ich versuchen, nur mehr gute Augenblicke zu haben.
Falls du es noch nicht weißt,
aus diesen besteht nämlich das Leben.
Nur aus Augenblicken.
Vergiss nicht den jetzigen.

Wenn ich noch einmal leben könnte
würde ich von Frühlingsbeginn an
bis in den Spätherbst barfuß gehen.
Und ich würde mit mehr Kindern spielen,
wenn ich das Leben noch vor mir hätte.

Aber sehen Sie ...
ich bin 85 Jahre alt und weiß,
dass ich bald sterben werde ...

Jorge Luis Borges, gestorben 1987 in Genf

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Die Geschichte um Rahja und ihre Gunst

Einmal, es ist noch nicht lange her, begab sich folgendes:
drei Männer, Freunde von Jugendtagen an, saßen beieinander und beklagten ihr Schicksal. Keiner von ihnen nämlich hatte je eine Lady gekannt, die sein Herz berührt hätte. Zwar hatten sie Frauen gekannt, mit so manch einer auch nähere Bekanntschaft geschlossen, auch konnten sie Frauen ihre Freunde nennen, doch immer hatte das gefehlt, was ihnen allen dreien als unabdingbar erschien - das, was in vielen Texten seit alters her besungen und hochgelobt wird. Sie waren darob traurig gewesen, hatten an sich selbst gezweifelt und doch nicht davon ablassen können, weiterzusuchen. Doch nun schien es ihnen allen dreien lange genug gewärt zu haben und so saßen sie beieinander und berieten sich und kamen zu dem Entschluß, Rahja bitten zu wollen, auf dass sie ihnen gäbe, was ihnen bislang verwehrt geblieben war. Und sie gingen in Rahjas Tempel und baten sie um Hilfe. Und Rahja sah die große Sehnsucht in den drei Herzen und gewährte ...

Der erste der drei fand sich in einem Raum wieder, in dem er nie zuvor gewesen war, und in diesem Raum befand sich eine Frau. Und er wusste im Augenblick dass diese Frau sein Herz berühren würde wie es ihm nie zuvor geschehen war. Sie war schön, zärtlich zu seinem Körper, streifte seine Seele und liess ihn eintauchen in Gefühle die er nie gekannt, so dass er hilflos und voll Verwunderung ganz auf sich selbst zurückgeworfen war. Sie kannte die Worte, seine Wunden zu schliessen und flüsterte ihm des Morgens, wenn er davon erwachte, dass sie sacht seine Füsse berührte, vieles ins Ohr, was ihn sich selbst und sein Leben als ein Wunder betrachten machte. Verliess sie den Raum war er sicher ob ihrer Rückkehr, sein Herz vertraute ihr, und auch das war neu. Kam sie zu ihm öffnete er fast wie von selbst seine Seele für sie und die Gier seines Körpers nach ihr machte ihn atemlos und erlaubte ihm wenig Schlaf. Und sie war alt, als hätte sie ihn immer gekannt, und neu, da ihr Kommen sein Leben für immer verändert hatte. Sie gab sich ihm hin voll Sehnsucht und manchmal schrie er vor Freude und Ehrfurcht vor so grossem Geschehen. Nach einer Zeit, eines Tages, kam sie zu ihm und weinte. Und er wusste, noch ehe sie es ihm in ihrer zärtlichen reinen Sprache sagen konnte, was geschehen würde und küsste sie voll Hilflosigkeit auf die Stirn.

Ebenso war es auch den anderen beiden Männern ergangen - ein jeder hatte die ihm vorbestimmte Frau gefunden und wieder verloren. Und nach dem ersten Schock über den plötzlichen Abschied trennten sie sich um jeder seinen Weg zu gehen. Und die Trauer griff nach seinem Herz und war so dunkel, dass er sie floh, und in den Rahja-Tempel lief, und die Göttin anflehte, ihm die geliebte Frau wieder zuzuführen. Und Rahja schwieg. Er flehte und schrie aus der Tiefe seines Herzens, er lag am Boden und begoss die Tempelfliesen mit seinen Tränen und es schien ihm, als habe er das liebste und grösste verloren, was er je im Leben getroffen hatte. Und so war es wohl auch.

Wollte man schildern, wie die drei Männer die erste Zeit nach ihrer Rückkehr verbrachten, so liesse sich alles auf kurze Worte zusammenstreichen: sie flehten zu Rahja wie sie noch nie zu irgendeinem Gott oder Sterblichen gefleht. Doch keinem von ihnen wurde Gehör zuteil. Und so, als sie sahen, dass all ihr Flehen keine Frucht trug, zogen sie von hinnen.

Der erste Mann zog in die Wälder. Dort suchte er die Abgeschiedenheit und weinte. Und als nach langen Monaten der Trauer nichts im Aussen ihm Trost zu versprechen schien, als keine Hilfe kam und kein Hoffnungsfunken irgendwo zu glimmen begann, begann der Mann, sich selbst aufzugeben. Er verirrte sich in jenem Wald immer mehr und verwilderte schliesslich, in seiner Trauer gefangen.

Der zweite Mann zog zu den Weisen seiner Welt und bat sie um Hilfe. Und er schilderte den Weisen seine Not und sein Anliegen, wieder mit jener Frau zusammenfinden zu wollen. Und er suchte sie zu überzeugen von der Dringlichkeit seines Wunsches und von der Schönheit jener Frau, doch niemand vermochte ihm zu helfen, ja, niemand schien ganz zu verstehen, warum er sich derart auf die Suche nach jener Frau versteifte. Und so verstummte er langsam, und Bitterkeit umschloss sein Herz, und nach vielen vielen Tagen des Ringens und Suchens und Trachtens und Scheiterns stahl sich jene Bitterkeit schliesslich in sein Inneres, und er begann vor sich selbst zu leugnen, dass er jene Tage mit ihr je erlebt hatte. Und er zerschnitt so das Band zu seinem Inneren und wurde kalt und zynisch. Und verlor nun sogar sich selbst.

Der dritte Mann schliesslich suchte einen Hain auf und betete auch dort zu Rahja, und als das nichts half, zu allen anderen Göttern, und als auch das nichts half, lauschte er auf sein Inneres. Und dort fand er nichts - bis auf die Erinnerung an jene Tage des Glücks. Und da das alles war, was ihm verblieben von seiner Geliebten, zog er unter die Menschen und sang ihnen von ihrer Schönheit und Zärtlichkeit, damit jenes Glück auch ihr Herz berühren sollte und jene Freude auch ihnen bekannt werden sollte. Und er malte Bilder von seiner Geliebten und dichtete ihr Worte voll Sehnsucht und Liebe und Dankbarkeit. Und wenn er Blumen am Wegrand fand, die ihm gefielen, so pflückte er einige davon und flocht einen Kranz für sie, und weil sie nicht mehr neben ihm war, schenkte er den Kranz dem ersten, der ihm auf seinem Weg begegnete. Und Rahja sah auf ihn herab und Wohlgefallen erfüllte ihr Herz. Und sie schenkte ihm, als einzigem der drei, die Frau seines Lebens wieder, und diesmal blieb sie an seiner Seite.

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